Beduftung

Neulich vor der Haustür der Paketzusteller in einer Deodorantwolke. Ich muss mich zum Unterschreiben über sein Lesegerät beugen und seine Aura trifft mich wie ein Tiefschlag.

Jetzt brauche ich zwei Tage, bis der Schock abgeklungen ist. Ich hab da nämlich ein Problem. Das Problem heißt Duftunverträglichkeit oder auch Multiple Chemikalienunverträglichkeit (Multiple Chemical Sensitivity).

Meine Empfindlichkeit scheint zuzunehmen. Oder vielleicht sinkt die Toleranz wegen der zunehmenden Duftstoffbelastung? Allein 3000 Inhaltsstoffe in Parfüms, Cremes, Lotionen, Rasierwasser, Haarspray, dazu kommen Weichspüler, Seifen, Putzmittel, Duftstoffe in Waschmittel, Raumsprays, synthetisch oder natürlich. Wenn ich versuche, die Nähe von parfümierten Menschen zu meiden, ist es kein Dogma sondern reine Not.

Wer „aufträgt“ nimmt seine Beduftung der Umgebung selbst kaum wahr und stellt sich gern vor, dass er andere damit beglückt. Doch was Wohlgeruch sein soll, ist für manche Belästigung und wird zunehmend als gesundheitsschädlich erkannt.

Jeder Zehnte hat mittlerweile mehr oder weniger starke Probleme. Manche Menschen haben eine gewisse Aversion gegen bestimmte Gerüche, andere reagieren mit Kopfschmerzen und Allergien, wieder andere bekommen Atemnot und Schwindelanfälle. Auch der Zusammenhang zwischen Duftstoffbelastung und Depressionen ist Thema.

Ich muss manchen Zeitgenossen aus dem Weg gehen. Bei Deos, Parfüms und Cremes krieg ich Panik. Wenn bei Begrüßungsumarmungen Rasierwasser im Spiel war, muss ich die Kleider wechseln. Weichspüler ist der Horror. Wenn ich einen Bogen um jemand mache oder aus Gesprächsrunden aussteige, dann liegts in der Regel an der kontaminierten Luft. Ich komme leider nicht dagegen an.